DOKUMENTATION: STRATEGIE-DEBATTE INNERHALB DER AfD VOR DEM PARTEITAG IN KÖLN

06.04.2017

DOKUMENTATION: STRATEGIE-DEBATTE INNERHALB DER AfD VOR DEM PARTEITAG IN KÖLN

Thüringer Weg

Die Dresdener Höcke- Rede entfachte innerhalb der AfD eine Strategiedebatte um den von Höcke so bezeichneten Thüringer Weg. Wir zitiren den entsprechenden Redeabschnitt Höckes:

Wir sagen ja! Wir sagen ja, nicht zur strukturellen Fundamentalopposition, weil wir diesen Staat ja wollen! Wir wollen ihn am Leben erhalten und wir wollen ihn stützen. Wir sagen aber ja zu einer inhaltlichen Fundamentalopposition um diesen Staat, den wir erhalten wollen, vor den verbrauchten politischen Alteliten zu schützen, die ihn nur missbrauchen um ihn abzuschaffen! Das werden wir nicht zulassen, liebe Freunde! […]

Die AfD ist die letzte evolutionäre, sie ist die letzte friedliche Chance für unser Vaterland.

Damit sie es sein kann, muss sie sich als inhaltliche – nicht als strukturelle, als inhaltliche! – Fundamentalopposition verstehen, denn sie ist die einzig relevante politische Kraft des Bewahrenden, die gegen die kollektiven Kräfte der Auflösung der One-World-Ideologen und ihrer Verbündeten steht.

Und um ihren historischen Auftrag nicht zu verraten, muss die AfD Bewegungspartei bleiben, das heißt, sie muss selbst immer wieder auf der Straße präsent sein und sie muss im engsten Kontakt mit den befreundeten Bürgerbewegungen stehen.
Und sie muss nicht nur Bewegungspartei sein. Dort wo sie bereits in den Parlamenten vertreten ist, muss sie dafür sorgen, dass sie auch Bewegungsfraktion ist, denn unsere Abgeordneten dürfen sich in der Lage, in der sich unser Land befindet, eben nicht im Parlamentarismus vollständig erschöpfen. Sie müssen so oft wie möglich rausgehen…

Wir in Thüringen…. Wir in Thüringen leben diese Bewegungsfraktion. Wir waren in den letzten Monaten in zahlreichen kleinen Dörfern in Thüringen. Und wir haben in diesen kleinen Dörfern in Thüringen Veranstaltungen durchgeführt als Fraktion mit zweihundert, dreihundert besorgten Bürgern. Das ist eine [unv.], liebe Freunde, die für die Altparteien Welten fern gerückt ist.

Und mit diesen Bürgerdialogen durchbrechen wir die Schweigespirale. Wir gehen raus zu den Menschen, um sie aufzuklären, aufzuklären und nochmal aufzuklären.

Das, hab ich mal ziemlich selbstbewusst, und ich tue es immer wenn ich außerhalb Thüringens unterwegs bin, immer wieder relativ selbstbewusst – das habe ich mal als den Thüringer Weg beschrieben. Es ist der Weg einer fundamentaloppositionellen Bewegungspartei und einer fundamentaloppositionellen Bewegungsfraktion und ich wünschte mir, dass dieser Thüringer Weg einer inhaltlichen, nicht strukturellen Fundamentalopposition, der Weg aller Landesverbände und aller Fraktionen in der AfD wird.

Wir werden das so lange durchhalten – und so lange ich in etwas in der AfD zu sagen habe, werde ich dafür eintreten und dafür kämpfen –, wir werden das so lange durchhalten, bis wir in diesem Lande 51 Prozent erreicht haben, oder…

…oder aber als Seniorpartner – als Seniorpartner! – in einer Koalition mit einer Altpartei sind, die durch ein kartetisches [sic!, Anm.: womöglich „kathartisches“] Fegefeuer gegangen ist, die sich selbst wiedergefunden hat, und die abgeschworen hat von einer Politik gegen das Volk um endlich wieder zu einer Politik für das eigene Volk… [unv., geht in Jubel unter]

Und ich sagte eingangs, ich will auch mahnen, und das will ich an dieser Stelle tun und ich will das auch mit der gebotenen Deutlichkeit tun. Ich muss nämlich auch auf eine große Gefahr hinweisen. Die meisten von euch wissen, dass ich Parteien an sich eher distanziert gegenüberstehe und immer auch versuche, die Distanz für mich zu mir selbst und die Distanz zu mir als Parteifunktionär aufzubauen und zu erhalten. Denn jede Partei hat eine schlimme Tendenz, und das ist die Tendenz der Oligarchisierung und der Erstarrung. Diese Tendenzen, liebe Freunde, sind Parteien immanent, das sind praktisch die Naturgesetzlichkeiten des Parteienstaates, und ich muss kein Prophet sein um leider orakeln zu müssen: Auch die AfD wird irgendwann einmal erstarren. Und sie kann auch irgendwann meinetwegen einmal erstarren, aber bitte erst nachdem sie ihre historische Mission erfüllt hat.

http://www.tagesspiegel.de/politik/hoecke-rede-im-wortlaut-diese-regierung-ist-zu-einem-regime-mutiert/19273518-2.html

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Berliner Kurs

Am 31. März positionierte sich die AfD- Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus mit dem „Berliner Kurs“. Hier die entsprechenden Textstellen:

Mit der Kandidatur für das Abgeordnetenhaus haben wir uns klar entschieden: Das Berliner Parlament ist die zentrale politische Bühne, um unsere Ziele zu erreichen. Die AfD-Fraktion versteht sich als Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung, nicht als Arm einer außerparlamentarischen oder Fundamentalopposition. Wir sind den Berlinern und dem Gemeinwohl der Stadt verpflichtet.

Als einzige Fraktion verurteilen wir ohne Wenn und Aber jede Form politisch motivierter Gewalt. Deshalb stellen wir mit großer Sorge fest, dass politische Auseinandersetzungen mit undemokratischen Mitteln geführt werden wie beispielsweise Einschüchterungen, Ausgrenzungen und sogar tätlicher Gewalt. […]

Oppositionsarbeit ist für uns weder Selbstzweck noch Endstation unseres Denkens und Handelns. Die AfD in Berlin ist bereit, wie schon jetzt in den Berliner Bezirken durch unsere Stadträte, auch auf Landesebene direkte politische Verantwortung zu übernehmen. Das schließt die – derzeit noch theoretische – Option ein, gemeinsam mit anderen Parteien eine Regierung zu bilden oder andere Parteien bei der Bildung einer Minderheitsregierung zu tolerieren. Die Voraussetzung dafür ist, dass die AfD im Rahmen einer solchen Konstellation zentrale Anliegen ihrer Wähler verwirklichen kann.

https://media.wix.com/ugd/d33cc5_7de022d1d445489ea39733df829548e5.pdf

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Dr. Frauke Petry: Sachantrag zur strategischen Ausrichtung der AfD.

Wir dokumentieren den Antragstext in Auszügen:

Antragstext:
Hiermit beantrage ich, dass der Bundesparteitag der Alternative für Deutschland folgende Grundsatzentscheidung über die strategische Ausrichtung der Partei trifft: Die AfD entscheidet sich für den realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei, um innerhalb der kommenden Jahre grundsätzlich in der Lage zu sein, relative Mehrheiten auf allen politischen Ebenen erzielen zu können und damit als stärkster oder mindestens gleichrangiger politischer Partner in Parlamenten richtungsweisende Politik umsetzen zu können.

Begründung:
Innerhalb der AfD gibt es unterschiedliche Auffassungen über den strategischen Weg zur Veränderung Deutschlands im Sinne unserer Politik. Gerade vor einem so entscheidenden Wahlkampf gilt es Klarheit darüber herzustellen, welchen strategischen Weg die Partei einschlägt.

Fundamentaloppositionelle Strategie gegen realpolitische Strategie

* […]
* In den Parlamenten versteht man sich im Wesentlichen als Fundamentalopposition.
* Diese Strategie funktioniert auch mit geringen Prozentsätzen für die eigene Partei, weil sie ihre eigentliche Wirkung als gesellschaftliche Bewegung durch Druck auf alle anderen Parteien ausübt.
* Sie führt bei ehemals konservativen Parteien im Besonderen, aber insgesamt bei allen Wettbewerbern zu einem Heranrücken an die Positionen der AfD. Die Veränderung in unserem Land wird somit mittelbar über veränderte Standpunkte der Wettbewerber im Parteienspektrum angestrebt und nicht über die Stärkung der eigenen Machtbasis.
* Diese Strategie ist wesentlich bei den Grünen zur Anwendung gekommen und benötigt für ihre Wirksamkeit ungefähr eine Generation, also 20-30 Jahre, wenn die Partei sich über diesen langen Zeitraum im politischen Spektrum behaupten kann.

Realpolitische Strategie

[…]

* Der Kernpunkt dieser Strategie zielt auf die emotional heimatlosen, und immer noch konservativen Wähler gerade der CDU, aber auch die anderer Parteien.
* Wichtigstes Element ist eine klare Programmatik mit den in unserem Grundsatzprogramm bereits angelegten Alleinstellungsmerkmalen.
* Ziel ist es, ab der zweiten Legislaturperiode relative Mehrheiten in den Parlamenten zu realisieren.
* Dabei legt man es auf die Entkernung und Schwächung von CDU, FDP sowie anderer Parteien an. Es gilt neben breiten Bevölkerungschichten auch Intellektuelle und leistungsstarke Stützen der Gesellschaft für die AfD zu begeistern und dem politischen Gegner so die inhaltliche und personelle Erneuerung noch schwieriger zu gestalten, als ihnen dies durch ihren bisherigen Werdegang ohnehin fallen sollte.
* Veränderung kann in absehbarer Zeit nicht durch andere wiedererstarkte Parteien erwartet werden. Die AfD sollte daher perspektivisch Bereitschaft zur Koalitionsfähigkeit besitzen. Voraussetzung hierzu sind aber zunächst entsprechende parlamentarische Erfahrung über mindestens eine Legislatur im entsprechenden Parlament und eine Koalition, in welche die AfD als Seniorpartner geht.

[…]

Kommen beide Strategien nebeneinander zum Einsatz, zerstört die fundamentaloppositionelle Strategie die realpolitische Strategie. Die Öffnung von abseitigen Diskursräumen muss nicht als Parteistrategie getragen werden, um von einzelnen Funktionären und Parlamentariern angewandt zu werden. Sie können, ohne die Beschlusslage der Partei abzuwarten, die Entscheidung für eine fundamentaloppositionelle Strategie treffen und damit alle Parteimitglieder in Haftung nehmen. Ein realpolitischer Strategieansatz hingegen ist nur erfolgversprechend, wenn er sich auf breiten Konsens der Partei und auf eine entsprechende Beschlusslage beziehen kann.

Als Anhänger der realpolitischen Strategie können wir daher nicht in den Wettstreit um die vermeintliche bessere Strategie treten, da diese Disziplin nicht nur von einigen, sondern von einer erheblichen Mehrheit der Parteimitglieder und vor allem den wesentlichen Parteifunktionären und Parteirepräsentanten verlangt.

Wir appellieren an Sie als Delegierte. Deutschland hat keine Generation Zeit, um die notwendigen politischen Weichenstellungen herbeizuführen, die einen Erhalt unseres Vaterlandes für uns und unsere Kinder und Enkel möglich macht. Wir werden in absehbarer Zeit Verantwortung übernehmen müssen, wenn wir mittelfristig das Land zu alter Stärke zurückführen möchten. Worauf wir nicht warten können, ist eine Rückbesinnung ausgerechnet unserer politischen Gegner auf die Werte, für die in Deutschland programmatisch nur noch die AfD steht.

http://www.zukunftsantrag.de/dr-frauke-petry-sachantrag-zur-strategischen-ausrichtung-der-afd

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